Bedenken und Anregungen zur Änderung zum Schutz des Baumbestandes in der Stadt Regensburg

Pressemitteilung

AUSGANGSSITUATION

Die Regensburger Bäume haben es immer schwerer

In zunehmendem Maße schädigen bzw. vernichten Baumaßnahmen teilweise ersatzlos den Regensburger Baumbestand. In den letzten Jahren wurden gewaltige Bauvorhaben realisiert, denen viele Bäume zum Opfer fielen (z.B. Bebauung in der Friedenstraße, Nibelungenbrücke, Innenstadt, Stadtrand, Nachverdichtung in Einfamilienhaus-Siedlungen). Manche Architekten, Baufirmen und auch Stadtplaner, die für ihre Investoren bzw. Bauvorhaben baumfreie und entschädigungsfreie Bauflächen schaffen wollen haben großes Interesse daran, die Freigabe zur Beseitigung der Bäume zu fordern. Belastungen durch Schadstoffemissionen, unterirdische Leitungen aller Art, zu wenig Wurzelraum zur Wasser- und Luftaufnahme, Verfestigungen für die Straßenbäume und auch das Streuen von Tausalzen, mechanische Schäden durch parkende Autos usw. tun ein übriges.

Kein Wunder also, dass unsere Bäume anfällig für Krankheiten und Schädlinge werden und dass vor allem neu gepflanzte Bäume kümmerlich wachsen. Noch wirbt die Stadt Regensburg zu recht damit, dass sie eine grüne Stadt ist. Dies darf sich nicht ändern. Im privaten Bereich gibt es bei vielen Menschen Ordnungsvorstellungen, in die „wilde Natur“ nicht passt, so dass Bäume „stören“. Diese Ordentlichen und Aufgeräumten folgen auch im Gartenbereich modischen Trends: Gartenzentren bieten Pflanzen immer billiger an, immer exotischere Exemplare kommen auf den Markt. Dies gibt wechselnden Neubepflanzungen auf Kosten großer Gehölze Auftrieb. Vielen privaten Freiflächenbesitzern fehlt leider das Verständnis für den ökologischen Sinn und Zweck ihrer Bäume. Dass nur Laubfall und Schatten stören, darf kein Grund sein, sich seiner Bäume ungeprüft zu entledigen. Dies alles begründet, dass der Schutz bestimmter Bäume sachlich und fachlich fundiert geregelt werden muss. Es bedarf einer Regelung, die den Erhalt von Bäumen aufgrund ihres ökologischen Werts vor Eigeninteresse setzt.

Eine Stadt wie Regensburg kann es sich nicht erlauben, noch mehr Bäume zu verlieren. Mit der jetzt geltenden Verordnung sind bestimmte Bäume geschützt, die mehr als 60cm Stammumfang in 100cm Höhe haben, d.h., je nach Art und Entwicklung 20-40 Jahre alt sind. Sind Bäume nicht mehr standsicher oder sind sonstige erhebliche Schäden durch sie zu erwarten, wird ihre Beseitigung in der Regel auf Antrag gewährt. Jeder Baum ist ja nach Größe durch Ersatzbaumpflanzungen oder Ersatzzahlungen zu ersetzen. Genehmigungspflichtige Regelungen betreffen auch die Beseitigung größerer Äste. Die nun geplanten Änderungen der Regensburger Baumschutzverordnung,

  • durch die der Stammumfang für geschützte Bäume auf 100cm erhöht wird (entspricht einem Baumalter von 45-80 Jahre und mehr)
  • durch die Bäume egal welchen Umfangs und Alters nicht mehr geschützt sind, deren Stammmittelpunkt maximal 2m von der Nachbargrenze entfernt ist
  • durch keinerlei Baumschutz bei Grundstücken mit weniger als 380m² entbehren jeder nachvollziehbaren ökologischen Grundlage. Sie stellen geradezu eine Bankrotterklärung der Baumschutzverordnung dar.

Die seit 1993 geltende Regensburger Baumschutzverordnung (mit der Änderung der Verwaltungspraxis 1997) hat sich trotz Mängel als praktikabel erwiesen. Eine ausreichende Begründung für die Änderung ist deshalb nicht zu erkennen.

BEGRÜNDUNG:

Die beabsichtigte Novellierung stellt aus unserer Sicht eine enorme Verschlechterung dar. Die bestehende Baumschutzverordnung hat mit dazu beigetragen, dass Regensburg als „Grüne Stadt“ gilt. Wertvolle Bäume konnten erhalten oder ersetzt werden. Da bereits jetzt ca. 95% der Fällanträge ohne Verwaltungsaufwand (d.h. ungesehen) genehmigt werden, ist eine mit der Änderung verbundene Verschlankung des Verwaltungsapparates (lediglich eine halbe Stelle) nicht zu erwarten. Im Gegenteil: die Verpflichtung zur Ersatzzahlung bei nicht möglicher Ersatzpflanzung stellt einen der wenigen Bereiche des Umweltamtes dar, durch den nicht unerhebliche Einnahmen erzielt werden.

Viele Bäume in der Stadt sind mit 80cm Umfang bereits 50 Jahre alt. Mit der Erhöhung von 60cm auf 100cm Stammumfang für die Schutzwürdigkeit eines Baumes werden Maßstäbe angesetzt, die die meisten Bäume im Siedlungsraum mit Ausnahme größerer Parkanlagen und Schutzgebiete kaum je erreichen werden. Mittel- und langfristige Folge wäre eine erhebliche Verringerung des Baumbestandes auf Privatgrundstücken insbesondere in Kleinsiedlungsgebieten, aber auch in Park- und Grünanlagen. Bäume wie Eiben, Weiß- und Rotdorn, bereits jetzt eine Seltenheit, würden auf Grund ihres langsamen Wachstums bzw. Kleinwüchsigkeit keinerlei Schutz mehr genießen. Die geplante Änderung würde deshalb in der Konsequenz zu einer weiteren Artenverarmung in der Stadt führen. Baumschutz ist eine ökologische Notwendigkeit und muss es bleiben!

Nach Schätzungen wäre mit der neuen Verordnung je nach Gegebenheit ca. 1/3 des jetzt noch jeweils geschützten Baumbestandes nicht mehr geschützt und könnte endgültig und ersatzlos der Säge zum Opfer fallen. Erfahrungen in anderen Städten haben gezeigt, dass das Lockern der Gebote oder gar die komplette Abschaffung derartiger Schutzsatzungen sofort zu vermehrten Baumfällungen geführt hat.

Eine Änderung der bisherigen Maße ist willkürlich und inakzeptabel, deshalb fordern wir die Beibehaltung des Schutzstatus für Bäume ab 60cm Stammumfang. Mit der geplanten Veränderung des Schutzstatus von Bäumen könnten alle restlichen Bäume in Innenhöfen und in Vorgärten gefällt werden. Bäume im Innenstadtbereich leisten einen wesentlichen Beitrag zur Stadtklimaverbesserung. Sie tragen vor allem in den Innenstadtbereichen wesentlich zur Aufwertung der Wohngebiete bei. Der Abstand alleine ist keine Begründung, einen alten Baum der Kettensäge zu überantworten. Die Entwicklung der Wurzeln hängt vor allem von der Baumart und den Standortbedingungen ab. Es gibt keine Beweise, dass es bei diesem Abstand durch Wurzeln verursachte Schäden an normaler Gebäudesubstanz gibt.

Bäume werfen nun einmal Schatten und Laubbäume werfen nun einmal im Herbst ihr Laub ab. Die bisherige Verwaltungspraxis, das z.B. bei zu nah an die Fassade wachsenden Ästen ein Experte die Situation vor Ort begutachtet, um ggf. die Genehmigung zum fachgerechten Beschneiden zu geben, hat sich bewährt und ist ausreichend. Auch bei der jetzt gültigen Rechtslage gibt es Möglichkeiten, in den wenigen Fällen, in denen Wurzeln das Mauerwerk beeinträchtigen können, das Problem durch Einzellfallentscheidungen zu lösen. Die Aufnahme von Zaunabstand und Grundstücksbegrenzung in die Baumschutzverordnung lehnen wir aus diesen Gründen ab.

ANREGUNG:

Unsere Zustimmung würde die Aufnahme eines Ausnahmetatbestandes für die zu genehmigende Fällung von Bäumen finden, die auf Grund ihrer massiven Verschattungswirkung die Lebensqualität in den betroffenen Gebäuden/Wohnungen erheblich einschränken. Gleichzeitig muss jedoch die Verpflichtung zur Nachpflanzung von Bäumen, die sich für den Standort auf Grund ihrer Wuchsform eignen sowie deren dauerhaften Schutz gegen Fällung Aufnahme in die Formulierung dieses Ausnahmetatbestandes finden. Alternativ könnten auch Dach- und Fassadenbegrünungen und Sträucher gepflanzt werden.

ZUSAMMENFASSUNG:

Die geplante Novellierung führt nach unserer Einschätzung neben einem befürchteten Imageverlust nicht nur für eine mögliche Kulturhauptstadt 2010 zum Verlust zahlreicher wertvoller Bäume. Das wird die Lebensqualität und die Attraktivität in der Stadt spürbar verschlechtern. Finanzielle oder personelle Einspareffekte durch die geplante Novelle sind völlig unerheblich und deshalb zu vernachlässigen. Aus naturschützerischer sowie ökologischer Sicht stellt die Novellierung eine klare Verschlechterung zum Status quo dar und wäre ein Armutszeugnis für Regensburg.

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