Ein kleiner Kulturentwicklungsplan-„Roman“

Kulturausschuss, 18.03.2014:

Richard Florida sagt in seinem Buch über die Kreative Klasse („The Rise of the Creative Class. And How It’s Transforming Work, Leisure and Everyday Life“): Die Anziehung von kreativ denkenden Menschen ist für die ökonomische Entwicklung einer Region von herausragender Bedeutung.

Die Thesen des US-Ökonomen beruhen auf der Kohärenz zwischen der Wirtschaftskraft einer Region und der Präsenz der von ihm so genannten kreativen Klasse. Um Regionen nach deren Attraktivität und Potenzial zu analysieren, entwickelte er das Modell der drei T (Technologie, Talent und Toleranz).

  • Technologie steht für Innovation, also für Hochtechnologie- und Wissensbranchen.
  • Talent stellt das kreative Potenzial dar, abgeleitet von der Anzahl der Selbstständigen und Angestellten in kreativen Berufen.
  • Toleranz markiert die Offenheit einer Gesellschaft oder Region, die ein großes Spektrum unterschiedlicher Persönlichkeiten anzieht. Dies wiederum führt zur Beschäftigung mit neuen Ideen innerhalb einer Gesellschaft und hat wirtschaftliche Prosperität zur Folge.

Hier beginnt der ironische Teil:

Der scheidende Regensburger OB Schaidinger hat einst Kulturpolitik (also die Förderung der öffentlichen Angelegenheiten auf dem Gebiet der Kultur) zur Chef-Sache erklärt. Jahre später lässt Joachim Wolbergs, OB-Wahl-Kontrahent von 2008, den KEP, den Kultur-Entwicklungs-Plan in eine CSU-SPD-Koalitionsvereinbarung schreiben, also vertraglich vereinbaren. Da waren schon ca. 10 Jahre vergangen, nachdem Jürgen Huber einen KEP wie in Linz, noch als „Nur-Künstler“, gefordert hatte. Dann sahen wir erst mal nichts. Ein Jahr später, 2009 mahnte Huber wieder an, jetzt als Grünen-Stadtrat im Kulturausschuss und schon ging es los.

Der KEP brauchte natürlich seine Zeit und es dauerte selbstverständlich und das Beteiligungsverfahren wurde ins zweite und dritte Jahr gebracht und ins vierte sogar, dann wäre eigentlich die Finanzierung (insgesamt rd. 300.000 €) schon ausgelaufen, aber es gab noch Haushaltsreste, genug um den KEP weiter und weiter zu entwickeln. Viele Künstlerinnen und Kulturbeweger hatten ihr spezifisches Knowhow, ihre Vorstellungen und Anregungen und auch ihre Wünsche an einen geplanten Kulturbetrieb, an eine Subventions- oder Investitionskultur in Sachen Kultur eingebracht: Verlegerinnen, Filmer, Festivalmangerinnen, Maler, Schauspielerinnen, Programmierer, Hackerinnen, Musiker, Tontechnikerinnen, Architekten.

Viele Menschen haben sich engagiert. Umsonst. Also ohne Bezahlung, ja und auch ohne Ergebnis, bis heute. Denn der KEP ist in dieser Stadtratsperiode nicht fertig geworden. Er wird wohl in der nächsten Stadtratsperiode auch nicht fertig. Der eine aussichtsreiche OB-Kandidat will bald nach der Wahl ein Expertengremium einsetzen (?), der andere OB-Kandidat hat wohl eher gar nichts zu sagen gehabt auf dem Gebiet der Kultur. Der noch amtierende OB wollte den KEP eh nicht, obwohl er darauf bestand, dessen Lenkungsgruppe zu lenken. In den Graben.

Am 18. 3. 2014 fand die letzte Kulturausschusssitzung dieser Stadtratsperiode statt. Auf der Tagesordnung standen vier Punkte. Einer, eine Grundstücksangelegenheit in nichtöffentlicher Sitzung. Der Rest: Nachgeholte Schulabschlüsse, Brandschutz und eine Archivangelegenheit zur Kenntnisnahme. Keinerlei Abschlussbericht oder politische Bewertung des KEP, nicht mal eine Kenntnisnahme. Nach sechs Jahren.

Zurück zum ersten Teil des kleinen „Romans“: Das Herz der Kreativität – sagt die UNESCO, die Kulturorganisation der UNO, die uns Regensburgern den Status des Weltkulturerbes verliehen hat, das Herz der Kreativität ist die Kunst, sind die Künste und die Künstler. In allen anderen gesellschaftlichen Bereichen ist Kreativität auch nötig und wird (u.a. von Firmen) gefordert.

Die drei T von Prof. R. Florida sind eine gute Voraussetzung, also auch Standortbedingung für die Entstehung von Kreativität, die unsere Arbeit, unsere Freizeit und überhaupt unseren Alltag verändern kann. Also auch wirtschaftliche Prosperität ist möglich. Sicher gibt es noch andere Standort-Faktoren, die hier nicht bewerten werden.

Aber eines ist gewiss, diese scheidende Stadtspitze hat auf dem Gebiet der Kulturpolitik, insbesonders unter Gesichtspunkten der Kreativwirtschaft gänzlich versagt. Leider. Hier endet der „Roman“.

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