Entwurf zur Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms

Beschlussvorschlag

Der Ausschuss beschließt:

1. Der Ausschuss beschließt die Stellungnahme der Verwaltung zum LEP-Entwurf.

2. Die Verwaltung wird beauftragt, sie im Rahmen des laufenden Anhörungsverfahrens an das Bayerische Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat als Stellungnahme der Stadt Regensburg weiterzugeben.

Sachverhalt:
Im Rahmen seiner 2015 vorgestellten „Heimatstrategie“ hat das Bayerische
Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat u.a. beschlossen, das Landesentwicklungsprogramm für Bayern erneut in Teilen zu überarbeiten. Im Frühjahr 2016 hat das Ministerium schließlich einen Entwurf zur Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms (LEP-E) veröffentlicht, der im Juli vom Ministerrat zustimmend zur Kenntnis genommen wurde. Daraufhin hat das Ministerium am 28. Juli 2016 ein Anhörungsverfahren eingeleitet, bei dem Verbände, Städte und Gemeinden die Gelegenheit haben, bis zum 15. November 2016 zum LEP-E Stellung zu nehmen.

Der LEP-E sieht Änderungen bei folgenden Festlegungen vor:

2.1 Zentrale Orte
Im derzeitig gültigen LEP sind 925 von 2.056 bayerischen Kommunen als Zentrale Orte eingestuft (Grund-, Mittel- und Oberzentren). Im vorliegenden LEP-E wurden bei insgesamt 58 Kommunen Zentralitätsaufstufungen vorgenommen. Es sind jedoch keine Abstufungen von Mittel- oder Oberzentren vorgesehen, wodurch nun insgesamt deutlich mehr Kommunen als Mittel- bzw. Oberzentren ausgewiesen sind.

Das Zentrale-Orte-System soll laut LEP-E zudem um eine vierte Kategorie erweitert werden. Die drei Regionen München, Nürnberg-Fürth-Erlangen-Schwabach sowie Augsburg sollen künftig als Metropolen eine herausgehobene Stellung einnehmen.

2.2.3 Teilräume mit besonderem Handlungsbedarf sowie 2.2.4 Vorrangprinzip
Der „Raum mit besonderem Handlungsbedarf“ (RmbH) wird im LEP-E erneut erweitert. Die Einstufung als RmbH erfolgt anhand eines Strukturindikators, der sich aus fünf demografischen und ökonomischen Kriterien errechnet. Maßgeblich ist hierbei das Maß der Abweichung vom bayerischen Durchschnitt. Durch die bereits im Jahr 2014 beschlossene
Anhebung des Schwellenwerts zur Abgrenzung der RmbH von 85 % auf 90 % des bayerischen Durchschnitts, die Aktualisierung der Datengrundlagen sowie der erstmals gemeindescharfen Abgrenzung vergrößert sich im vorliegenden LEP-E der RmbH nochmals um zahlreiche Gemeinden und Landkreise. Damit hat eine noch größere Anzahl an Gemeinden und Landkreisen Anspruch auf Fördergelder zur Strukturförderung. Im LEP-E
wurde zudem die sogenannte Härtefallregelung für Gemeinden außerhalb des RmbH gestrichen.

3.3 Vermeidung von Zersiedelung
Ein wichtiger Grundsatz des LEP ist der Schutz vor Zersiedelung der Landschaft und die Sicherstellung einer geordneten Siedlungsentwicklung. Deshalb sollen laut gültigem LEP neue Siedlungs- und Gewerbeentwicklungen nach Möglichkeit in Anbindung an bestehende
Siedlungseinheiten erfolgen (Anbindegebot). Im vorliegenden LEP-E werden erneut weitere Ausnahmeregelungen vom Anbindegebot vorgesehen, u.a. für die Ausweisung von Gewerbe- und Industriegebieten an verkehrsgünstig gelegenen Standorten, für interkommunale Gewerbe- und Industriegebiete sowie für bestimmte dem Tourismus dienende Einrichtungen. Für besonders strukturschwache Gemeinden sollen zudem die Voraussetzungen für ein Zielabweichungsverfahren erleichtert werden.

6.1 Um- und Ausbau der Energieinfrastruktur
Im LEP-E wird ein neuer Grundsatz zur Planung von Hochspannungsfreileitungen eingeführt, mit dem insbesondere dem Schutz des Landschaftsbildes sowie der betroffenen Bevölkerung ein erhöhter Stellenwert zugewiesen wird. Zudem sollen bei Ersatzneubauten von Hochspannungsfreileitungen erneute Überspannungen von Siedlungen ausgeschlossen werden.

Stellungnahme der Stadt Regensburg zum LEP-E

Zentrale-Orte-System
Die große Anzahl der Aufstufungen bei gleichzeitigem Bestandsschutz für Mittel- und Oberzentren sollte nochmals kritisch geprüft werden, da hierdurch die Steuerungswirkung des gesamten Zentrale-Orte-Systems gemindert wird. Ebenfalls kritisch gesehen wird die Ausweisung von weiteren Mittel- und Oberzentren für die zukünftige Entwicklung des
Einzelhandels. Es ist zu befürchten, dass eine noch größere interkommunale Konkurrenz bei der Ausweisung von großflächigen Einzelhandelsstandorten entsteht, was kleinräumige Nahversorgungsstrukturen gefährdet und dem Flächenverbrauch zusätzlichen Vorschub leisten wird. Diese Entwicklung wird vermutlich zu Lasten der etablierten zentralen Orte gehen und vor allem die Nahversorgungssituation im ländlichen Raum negativ beeinträchtigen.
Es wird dringend angeregt, im Zuge der Teilfortschreibung des LEP die Möglichkeit einer generellen Überarbeitung des Zentrale-Orte-Systems zu prüfen, beispielsweise indem vorhandene räumlich-funktionale Verflechtungen von Gemeinden stärker berücksichtigt werden. Anstatt eine Vielzahl von Gemeinden herauf zu stufen, erscheint zudem eine Überprüfung bzw. Neujustierung der Zentralitätsabstufungen angebracht. Hierbei sollten auch vereinzelte Herabstufungen nicht kategorisch ausgeschlossen werden.

Ebenfalls äußerst kritisch gesehen wird die Einführung der neuen Kategorie „Metropole“. Im vorliegenden LEP-E wird einerseits eine starke Fokussierung auf den ländlichen Raum deutlich. Andererseits wird mit der Ausweisung von Metropolen ein Schwerpunkt auf die Entwicklung der drei größten bayerischen Stadtregionen gelegt, während die vielen weiteren
Groß- und Mittelstädte sowie deren Verdichtungsräume weitgehend außen vor bleiben. Es ist daher zu befürchten, dass diese durch das LEP in ihrer weiteren Entwicklung strukturell benachteiligt werden, z.B. wenn es um die Verteilung von Mitteln der Wirtschafts- oder Kulturförderung geht. Dies ist angesichts der Bedeutung, die diese Städte und Regionen für die wirtschaftliche Prosperität Bayerns haben, ein fatales Signal. Äußerst fraglich erscheint zudem, inwieweit Augsburg tatsächlich die Voraussetzungen erfüllt, um als Metropole auf eine landesplanerische Hierarchiestufe mit der Region München und dem Großraum Nürnberg gestellt zu werden. Hierbei ist auch anzumerken, dass Augsburg bereits jetzt Mitglied der Metropolregion München ist, was die Zugehörigkeit Augsburgs zur Region München unterstreicht. Zudem wirft die Einstufung Augsburgs als Metropole die Frage auf, warum Regensburg als bedeutender Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort mit seinem überregionalen Verflechtungsbereich und seiner großen Bedeutung für den ostbayerischen
Raum im LEP-E nicht ebenfalls als Metropole eingestuft wird. Für den Fall, dass eine Einstufung Regensburgs als Metropole nicht in Betracht kommt, sollte die Erweiterung des Zentrale-Orte-Systems um die Kategorie „Regiopol“ geprüft werden. Hierdurch könnte die besondere Bedeutung von Städten wie Regensburg ober Würzburg für die Entwicklung des
Freistaates auch landesplanerisch hervorgehoben werden. Regiopole und ihr Umland könnten im Zentrale-Orte-System zukünftig eine Zwischenstellung zwischen den Metropolen und den Oberzentren einnehmen.

Es erscheint angesichts des vorliegenden LEP-E grundsätzlich diskussionswürdig, wie die weitere Landesentwicklung jenseits des ländlichen Raums ausgerichtet werden soll.

Raum mit besonderem Handlungsbedarf
Die erneute Erweiterung des RmbH bei gleichzeitigem Bestandsschutz für bisherige Kommunen mit RmbH-Status führt unweigerlich zu einer Zunahme der betroffenen Landkreise, Städte und Gemeinden. Im Entwurf zur Teilfortschreibung des LEP werden mittlerweile flächenmäßig weite Teile Bayerns als strukturschwache Gebiete ausgewiesen. Dies wird nicht nur inhaltlich äußerst kritisch gesehen, sondern erscheint zudem wenig
hilfreich für eine zielgerichtete Verteilung von strukturellen Hilfen und Fördergeldern. Die vorgeschlagene Festlegung von RmbH birgt die Gefahr einer Strukturförderung nach dem „Gießkannenprinzip“. Kritisch anzumerken ist ebenfalls, dass strukturell sehr heterogene Gebiete unter der Gebietskategorie RmbH zusammengefasst werden und notwendige
Differenzierungen ausbleiben.

Sollte die Ausweitung der Räume mit besonderem Handlungsbedarf wie im LEP-Entwurf dargestellt beibehalten werden, ist eine Erhöhung der Haushaltsmittel für strukturelle Hilfen seitens der Landesregierung unumgänglich. Ansonsten droht ein verschärfter Wettbewerb der betroffenen Kommunen um die knappen Ressourcen der Strukturförderung, was de facto eine Verschlechterung der derzeitigen Situation wäre.

Anbindegebot und Zielabweichungsverfahren
Durch die im LEP-E vorgesehenen Ausnahmeregelungen vom Anbindegebot ist davon auszugehen, dass Gewerbegebiete zukünftig verstärkt „auf der grünen Wiese“ entstehen werden, was im klaren Widerspruch zu zentralen Zielen des LEP steht. Zudem wird das
Problem des interkommunalen Wettbewerbs um die Ausweisung von Gewerbeflächen weiter verschärft, was wiederum einer sparsamen Landnutzung zuwiderläuft. Die Verlierer in diesem Wettbewerb werden zweifelsohne die weniger verkehrsgünstig gelegenen Städte und zentralen Orte sein. Sie werden zukünftig bei der Gewerbeansiedlung noch größere
Schwierigkeiten haben. Aus diesen Gründen werden die im Entwurf des LEP vorgesehenen zusätzlichen Ausnahmeregelungen seitens der Stadt Regensburg äußerst kritisch gesehen. Die vielfältigen Aufweichungen des Anbindegebots werfen insgesamt die kritische Frage auf, welche Steuerungswirkung dieses Instrument zukünftig noch haben kann, wenn die Ausnahme davon immer mehr zur Regel wird.

Sichere und effiziente Energieversorgung / Verlauf von Hochspannungsfreileitungen
Die Ziffer im LEP-E „6.1.1 Sichere und effiziente Energieversorgung“ sollte um den Zusatz „verstärkter Ausbau und Einsatz von regenerativen Energien“ ergänzt werden.

Die Aufnahme von Regelungen zum Ausbau von Hochspannungsfreileitungen ins LEP wird seitens der Stadt Regensburg ausdrücklich begrüßt. Kritisch gesehen wird jedoch, dass die Grundsätze hierzu insgesamt äußerst vage sind. Inwieweit in konkreten Planungsverfahren Aspekte wie Wohnumfeldqualität oder die Belange des Landschaftsschutzes in der Praxis abzuwägen sind, bleibt wenig verbindlich. Daher sollte erneut kritisch geprüft werden, inwieweit das LEP durch klarere Vorgaben einen wirksamen Beitrag zur Konfliktminderung
beim Ausbau des Stromnetzes leisten kann.

Abschließende Einschätzung des vorgelegten Entwurfs zur Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms
Die im Zuge der Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms vorgesehenen Veränderungen werden seitens der Stadt Regensburg überwiegend kritisch gesehen. Anstatt verbindliche Vorgaben zur zukünftigen räumlichen Entwicklung des Freistaates zu machen, wird durch Aufstufungen (Zentrale-Orte-System), Erweiterungen (RmbH) und weitere Ausnahmeregelungen (Anbindegebot) die Steuerungswirkung des LEP deutlich verringert.

Die seitens der Landesregierung angestrebte Flexibilisierung der Landesplanung darf im Ergebnis nicht dazu führen, dass klare Entwicklungsvorgaben ausbleiben und bisher wirksame Steuerungsinstrumente durch weitere Ausnahmeregelungen geschwächt werden. Die vorgeschlagenen Maßnahmen tragen außerdem kaum zur Lösung gegenwärtiger Probleme der raumstrukturellen Entwicklung bei. Es wird deshalb angeregt, auf die Ausweisung weiterer Mittel- und Oberzentren zu verzichten, da dies den Konkurrenzdruck zwischen den Zentren verschärfen wird. Vielmehr sollten vorhandene Versorgungsstrukturen soweit möglich planerisch gesichert werden, insbesondere im ländlichen Raum. Bei der Ausweisung von Räumen mit besonderen Handlungsbedarfen wird zudem eine stärkere
Fokussierung auf tatsächlich strukturschwache Gebiete für sinnvoll erachtet. Es wird außerdem vorgeschlagen, von weiteren Ausnahmetatbeständen vom Anbindegebot abzusehen, um dem nach wie vor ungebremsten Flächenverbrauch durch Ausweisungen von Gewerbeflächen Einhalt zu gebieten.

Anlagen:

  1. Strukturkarte zum LEP im Entwurf (Stand 12.07.2016)
  2. Übersicht des Bayerischen Städtetags über Änderungen im LEP-Entwurf

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