Allgemeines/Historie
Im August 2019 richtete sich der grüne Kreisverband Regensburg mit einer Eingabe der damaligen Parteivorsitzenden Theresa Eberlein an den Stadtrat. Eine der Forderungen: Die Stadt Regensburg soll bei jeglichen Entscheidungen die ökologische, gesellschaftliche und ökonomische Nachhaltigkeit berücksichtigen. Am 19.09.2019 wurde auf Antrag der damaligen Stadtratskoalition/“Bunten Koalition„ im Umweltausschuss einstimmig beschlossen, einen Klimavorbehalt für alle relevanten Stadtratsvorlagen einzuführen und der Auftrag an die Verwaltung gegeben, ein „Konzept mit Kriterien und Kennzahlen“ zu erstellen, um alle zukünftigen Beschlussvorlagen des Stadtrates und seiner Ausschüsse auf Klimarelevanz – also den Einfluss der zu beschließenden Maßnahme auf Klima und Umwelt – zu prüfen. So sollen Belange des Klima- und Umweltschutzes transparent und selbstverständlich in das Verwaltungshandeln integriert werden. Den Stadträt*innen soll so die Möglichkeit gegeben werden, informierte Entscheidungen treffen zu können.
Auf den Beschluss des Umweltausschusses folgte eine langer, verwaltungsinterner Abstimmungsprozess, bis man sich letztendlich auf ein Prüfschema einigen konnte. Nachdem es zunächst hieß, der Stadtrat bzw. Umweltausschuss würde über das ausgefertigte Prüfschema des Klimavorbehalts Beschluss fassen, fand das Schema im März 2021 durch eine Verwaltungsanordnung der Oberbürgermeisterin Eingang in das Verwaltungshandeln und die Stadtratsarbeit. Die Möglichkeit einer politischen Debatte bzw. Einordnung des aktuellen Prüfschemas blieb so verwehrt. Laut Dienstanweisung der OB handelt es sich beim aktuellen Prüfschema um ein „Pilotprojekt“, welches für einen Zeitraum von 12 Monaten erprobt und anschließend einer Evaluation unterzogen wird.
Das Prüfschema
Das Prüfschema beinhaltet drei Stufen.
In der ersten Stufe sollen sowohl die positiven als auch die negativen Auswirkungen der zu beschließenden Maßnahmen auf das Klima aufgezeigt werden. Darüber hinaus soll aufgezeigt werden, welche Anstrengungen – über das gesetzliche Maß hinaus – unternommen werden, um Klima und Umwelt zu schützen.
In der zweiten Stufe wird überprüft, ob die Maßnahme im Einklang mit dem Leitbild Klima und Energie steht (für Interessierte: https://www.regensburg.de/fm/121/leitbild-energie-und-klima-06-2017.pdf). Das zuständige Fachamt gleicht den Beschlussgegenstand mit den übergeordneten Ziele des Leitbilds ab, indem die Konformität mit „ja“, „neutral“, oder „nein“ angekreuzt wird.
In der dritten Stufe werden die Ergebnisse der ersten beiden Prüfschritte in kurzer Textform zusammengefasst. Lediglich die dritte Stufe wird den Stadträt*innen für die Entscheidung vorgelegt*, der Einblick in die genaue Umsetzung der ersten beiden Stufen bleibt verwehrt.
Das gesamte Prüfschema könnt ihr euch hier ansehen.
Unsere Einschätzung zum Klimavorbehalt in Regensburg
Um mit dem Positiven zu beginnen: Der Klimavorbehalt ist Beschlusslage und verwaltungsintern wurde ein Konsens gefunden. Das freut uns, weil wir lange auf die Umsetzung gedrängt haben und Kommunen dringend die Ziele des Pariser Klimaabkommens umsetzen müssen. Gut finden wir auch, dass nicht nur die negativen, sondern auch die positiven Auswirkungen der Beschlüsse auf das Klima aufgeführt werden.
Wir sehen aber auch dringenden Verbesserungsbedarf. Es ist nachvollziehbar, dass die Beurteilung der Vorlagen durch das jeweilig zuständige Fachamt vorgenommen wird, welches die Vorlage erstellt. Von Vorteil wäre es jedoch, wenn der Prozess die Rücksprache mit dem Umweltamt oder der Stabsstelle Klimaschutz vorsehen würde, um so die Fachkompetenz in Fragen des Klima- und Umweltschutzes einzubinden. Dadurch könnten auch mögliche Optimierungsmaßnahmen erarbeitet und Abwägungsentscheidungen erleichtert werden. In anderen Städten, die solch eine Klimaverträglichkeitsprüfung durchführen, ist ein Gespräch zwischen Fachamt und Umweltschutzamt zwingend vorgesehen Zum Beispiel in Freiburg: https://ris.freiburg.de/vorlagen_details.php?vid=4630911100009).
Essenziell wäre es auch, dass das Prüfschema eine verpflichtende Quantifizierung der Klimaauswirkungen beinhaltet, zum Beispiel durch Darstellung der CO2-Äquivalente. Das würde helfen, die oftmals nur sehr abstrakt benannte Klimarelevanz der Beschlüsse klarer darzustellen und den Stadträt*innen eine bessere Entscheidungsgrundlage bieten.
Dadurch, dass nur die dritte Stufe des Prüfschemas den Ausschussvorlagen anhängt, können für eine Entscheidung möglicherweise wichtige Informationen nur oberflächlich dargestellt werden. Dabei wäre es wichtig, auch die ersten beiden Schritte darzustellen, um so größtmögliche Transparenz zu erreichen und den Stadträt*innen alle Informationen vollumfänglich darzustellen.
Auch wäre es – der Wichtigkeit des Themas geschuldet – nur richtig gewesen, das Prüfschema des Klimavorbehalts in einer öffentlichen Stadtratssitzung vorzustellen und zu diskutieren. Eine Umsetzung per Verwaltungsanordnung wird dem unserer Auffassung nach nicht gerecht (siehe unsere Pressemitteilung: https://gruene-stadtrat-regensburg.de/klimavorbehalt-ist-mehr-als-eine-randnotiz/).
Im Vergleich mit den Prüfschemata anderer Kommunen bewegt sich der Klimavorbehalt in Regensburg im Mittelfeld: Es gibt noch viel Luft nach oben. Die ersten Monate seit Inkrafttreten des Klimavorbehalts haben uns in diesem Eindruck bestätigt. Manchen Beschlussvorlagen hängen sehr detaillierte Einschätzungen bezüglich der Klimarelevanz an (inklusive Berechnung der CO₂-Äquivalente), bei anderen erfolgt praktisch gar keine sinnvolle Einschätzung. Solche Defizite müssen in der Evaluationsphase klar benannt und anschließend behoben werden.
Im Folgenden könnt Ihr euch ein paar der positiven und negativen Beispiele des aktuellen Prüfschemas ansehen: