Pressemitteilung 01.12.2022
Seit der Umweltausschuss im September 2019 einstimmig die Einführung eines sogenannten „Klimavorbehalts“ beschlossen hat, sind mittlerweile mehr als drei Jahre vergangen. Der Klimavorbehalt soll bei allen relevanten Stadtratsvorlagen darstellen, welche negativen bzw. positiven Auswirkungen auf das Klima mit dem Beschluss einhergehen. Im Frühjahr 2021 hat die Verwaltung hierfür ein Prüfschema vorgelegt, das nach einjährigen Probephase evaluiert werden sollte. Ende 2022 ist das noch immer nicht passiert, kritisiert die grüne Stadtratsfraktion und verweist auf die notwendige Weiterentwicklung des Klimavorbehalts, damit dieser ein wirksames Instrument für kommunalen Klimaschutz werden kann.
Maria Simon, Fraktionsvorsitzende der Grünen, kritisiert: „Die Stadtspitze geht sehr nachlässig mit dem Klimavorbehalt um. „Als wir im Umweltausschuss erfahren haben, dass auch Monate nach Ende der Probephase nichts weitergangen ist und nun eine Praktikantin der Klima-Stabsstelle mit dem Thema befasst wird (Fußnote 1), hat das leider ins Bild gepasst.“ Die grüne Fraktion sieht dringende Notwendigkeit zur Weiterentwicklung des Klimavorbehalts, so Simon weiter: „In der aktuellen Umsetzung führt der Klimavorbehalt sowohl in der Stadtverwaltung als auch im Stadtrat eher zu Frustration, als dass er dem Klima nützt.“
Das liege vor allem an dem derzeitigen Aufbau des Prüfschemas: „Die Fachämter haben aktuell die Vorgabe, nach Fertigstellung ihrer Beschlussvorlagen ein zusätzliches Formblatt auszufüllen, in dem sie Stellung dazu nehmen, ob die Vorlage zu dem 2017 beschlossenen Leitbild Energie und Klima passt, oder nicht“, erklärt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Anna Hopfe: „Das verbessert zu diesem sehr späten Zeitpunkt im Prozess weder den Beschlussgegenstand in Belangen des Klimaschutzes, noch hilft es dem Stadtrat, klimafreundlichere Handlungsoptionen abzuwägen (Fußnote 2). Das Leitbild Energie und Klima ist mittlerweile überholt – besser wäre es, ausgehend vom Green Deal Regensburg, einen konkreten Kriterienkatalog für das Prüfschema zu entwickeln“, so Hopfe. Nicht in jedem Fachamt sei ausreichend Fachwissen über Klima-Auswirkungen ihrer Beschlussvorlagen vorhanden: „Angedacht waren Schulungen der Fachämter zum Umgang mit dem Klimavorbehalt, welche allerdings nicht oder nur zum Teil stattgefunden haben, was die stark variierende Qualität der Klima-Prüfung erklärt“, bemerkt Hopfe.
Fraktionsvorsitzender Stefan Christoph erläutert, wie sich seine Fraktion die Verbesserung des Klimavorbehalts vorstellt: „Beispiele aus anderen Städten, wie zum Beispiel Freiburg (Fußnote 3) zeigen, dass ein Klimavorbehalt dann erfolgreich wirkt, wenn er Prozesscharakter besitzt. Das zuständige Fachamt sollte sich schon während des Schreibens an einer Beschlussvorlage an die Expert*innen der Klima-Stabsstelle wenden, um mögliche Abwägungsentscheidungen zugunsten des Klimas zu diskutieren. Außerdem wären klare Kennzahlen für eine Einschätzung der Klimaauswirkungen notwendig.“ Hierfür sei Personalzuwachs in der Stabsstelle Klimaschutz und Klimaresilienz vonnöten, bei gleichzeitigem Aufbau von mehr Klima-Expertise in den Fachämtern. „Freiburg zeigt, dass sich auf diesem Wege Stadtratsbeschlüsse inhaltlich verbessern lassen und die Verwaltung weiterhin zeiteffizient arbeitet. Damit hat der Klimavorbehalt viel Potenzial, zu einem zentralen Instrument für kommunalen Klimaschutz zu werden – die Stadtspitze sollte das Thema Klimaschutz nicht weiter auf die lange Bank schieben, sondern diese Chance nutzen“, schließt Christoph ab.
Fußnote 1: Aufzeichnung der Umweltausschusssitzung vom 10.11.2022 (1h 58 min bis ca. 2h 1min)
Fußnote 2: Ein aktuelles Beispiel zeigt das deutlich: Im Klimavorbehalt für den Maßnahmenbeschluss zum Teil-Ersatzneubau des Siemens-Gymnasiums hat die geplante Gasheizung nicht einmal Erwähnung gefunden, obwohl der Einbau einer fossilen Heizung im Neubau klar dem Leitbild Energie und Klima entgegensteht (Link zur Vorlage VO/22/19475/RV).
Fußnote 3: Link zum KLAR-Check Freiburg, z.B. RIS Freiburg, Drucksache G-22/113: https://ris.freiburg.de/vorlagen_details.php?vid=4891104100114