Beschlusstext:
- Der Stadtrat der Stadt Regensburg beschließt, Walter Boll die Ehrenbürgerschaft abzuerkennen und ihn nicht mehr in der Liste der Ehrenbürger zu führen.
- Der Stadtrat der Stadt Regensburg beauftragt die Verwaltung, die jeweiligen Biografien aller weiteren durch Ehrenbürgerschaft geehrten Personen in Hinblick auf mögliche NS-Belastung wissenschaftlich untersuchen zu lassen und dem Stadtrat über das Ergebnis der Untersuchung zu berichten.
Begründung:
Walter Boll trat am 1. Oktober 1933 in die SA ein und sorgte als Führer des gleichgeschalteten Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg für den Ausschluss der jüdischen Vereinsmitglieder. Er organisierte die Verbreitung nationalsozialistischer Propaganda, beispielsweise durch Aufhängung eines eigens angefertigten Wandteppichs mit nationalsozialistischen Propagandamotiven im Herzogssaal, förderte „arische“ und verunglimpfte „jüdisch-bolschewistische“ Kunst. Als Direktor des Ostmarkmuseums erwarb oder raubte er Kunst und Kultgegenstände, die deportierten Jüdinnen und Juden gestohlen oder während der Reichspogromnacht aus Synagogen geraubt worden waren.
Zu weiteren Ehrenbürger*innen ist die Informationslage für Lai*innen schwieriger. Daher sollen diese wissenschaftlich auf ihre Rolle in der NS-Zeit untersucht werden.
Als Nachfahr*innen der Täter*innen genügt es nicht, wenn wir einmal im Jahr der Opfer des Nationalsozialismus gedenken, sondern es ist unsere Pflicht, stetig an der Aufarbeitung unserer Vergangenheit zu arbeiten. In der heutigen Zeit, wo Polarisierung und Hass, Antisemitismus und Rassismus wieder um sich greifen und in der sich viele jüdische Bürger*innen und Menschen mit Migrationsgeschichte in unserer Stadt und unserem Land nicht mehr sicher fühlen, ist das wichtiger denn je. Es sollte dabei eine Selbstverständlichkeit sein, dass wir Täter*innen nicht ehren.
Wenn einer 1933 in die SA eintritt, dann ist das eine Ansage, ein Zeugnis. Degenbewehrt hat er seine Aufgabe verstanden. Ich hörte nie, sagen wir in den siebziger oder achtziger Jahren, dass er sich von den Naziverbrechen distanziert hätte. Seine Weste ist braunfleckig.