Beschlusstext
- Der Stadtrat der Stadt Regensburg beschließt, den Unterhalt der folgenden Ehrengräber zu beenden: – Walter Boll
– Hans Watzlik - Der Stadtrat der Stadt Regensburg beauftragt die Verwaltung, die jeweiligen Biografien aller weiteren durch Ehrengräber geehrten Personen in Hinblick auf mögliche NS-Belastung wissenschaftlich untersuchen zu lassen und dem Stadtrat über das Ergebnis der Untersuchung zu berichten.
Begründung
Im Zuge der öffentlichen Diskussion zum Umgang mit NS-belasteten Straßennamen merkten Anwohner*innen der Watzlikstraße richtigerweise an, dass eine Straßenumbenennung der Watzlikstraße ad absurdum geführt würde, wenn die Stadt Regensburg weiterhin den Täter Hans Watzlik durch Unterhalt eines Ehrengrabes ehre.
Dieser Argumentation folgend beantragte die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN am 29.01.2025 im Ausschuss für Verwaltung, Finanzen und Beteiligungen eine Aufstellung aller von der Stadt Regensburg unterhaltenen Ehrengräber.
Walter Boll trat am 1. Oktober 1933 in die SA ein und sorgte als Führer des gleichgeschalteten Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg für den Ausschluss der jüdischen Vereinsmitglieder. Er organisierte die Verbreitung nationalsozialistischer Propaganda, beispielsweise durch Aufhängung eines eigens angefertigten Wandteppichs mit nationalsozialistischen Propagandamotiven im Herzogssaal, förderte „arische“ und verunglimpfte „jüdisch-bolschewistische“ Kunst. Als Direktor des Ostmarkmuseums erwarb oder raubte er Kunst und Kultgegenstände, die deportierten Jüdinnen und Juden gestohlen oder während der Reichspogromnacht aus Synagogen geraubt worden waren.
Der Schriftsteller Hans Watzlik war seit 1938 oder 1939 NSDAP-Mitglied. In vielen seiner Schriften verbreitete er nationalsozialistische Propaganda. Durch diese Schriften sowie regelmäßige Publikation im „Völkischen Beobachter“ und Herausgabe der völkischen Zeitschrift „Der Ackermann aus Böhmen“ trug er dazu bei, nationalsozialistisches Gedankengut in den Köpfen der Erwachsenen und Kinder zu verankern. Zahlreiche seiner Werke wurden nach Untergang des Nationalsozialismus als „eindeutig nationalsozialistisch“ eingestuft und z.T. verboten. Nach unserer Information hat die wissenschaftliche Aufarbeitung NS-belasteter Straßennamen in Regensburg ergeben, dass Watzlik als stark NS-belastet einzustufen ist. So stark belastet, dass empfohlen werden wird, die Watzlik-Straße umzubenennen. (vgl. Mittelbayerische Zeitung vom 27.01.2025)
Als Nachfahr*innen der Täter*innen genügt es nicht, wenn wir einmal im Jahr der Opfer des
Nationalsozialismus gedenken, sondern es ist unsere Pflicht, stetig an der Aufarbeitung unserer
Vergangenheit zu arbeiten. In der heutigen Zeit, wo Polarisierung und Hass, Antisemitismus und
Rassismus wieder um sich greifen und in der sich viele jüdische Bürger*innen und Menschen mit Migrationsgeschichte in unserer Stadt und unserem Land nicht mehr sicher fühlen, ist das wichtiger denn je. Es sollte dabei eine Selbstverständlichkeit sein, dass wir Täter*innen nicht ehren.